Warum funkeln Sterne?
Über dem Very Large Telescope werden Laserleitsterne in den Himmel geschossen. Mit ihrer Hilfe kann man die Effekte der Atmosphäre erheblich reduzieren.
(Aufmacherbild: ESO/F. Kamphues)
Was am Nachthimmel mit bloßem Auge sehr romantisch aussieht, ist für die beobachtende Astronomie ein echtes Ärgernis: Sterne leuchten mal heller, mal dunkler, sie wabern und ruckeln. Doch wie entsteht dieser Effekt und was kann man gegen das Sternengefunkel tun?
Bevor das Sternenlicht den Erdboden erreicht, muss es erstmal durch die Atmosphäre wandern. Und die ist alles andere als ruhig: Im Normalfall gibt es dort oben Luftströmungen und -verwirbelungen, außerdem haben einzelne Luftbläschen unterschiedliche Temperaturen. Somit gelangt das Sternenlicht nicht auf schnurgeradem Wege in unsere Augen, sondern erlebt auf der Strecke eine eher holprige Reise: Immer wieder wird es gebrochen und leicht abgelenkt – und das nicht kontinuierlich, sondern in jeder Sekunde wieder anders. (Oft vergleicht man das mit einem ähnlichen, stärkeren Effekt im Swimmingpool: Bewegen sich die Wasserwellen, dann scheint es, als würde der Beckenboden ein wenig wabern.) Dieses sehr zufällige Sternengefunkel bezeichnet man im astronomischen Jargon auch als Szintillation – was mehr oder weniger nur die lateinische Übersetzung von Funkeln oder Glitzern darstellt.
Mit einem guten Teleskop kann man nicht nur die Helligkeitsschwankungen beobachten: Man sieht die Sterne dort regelrecht tanzen, sie ändern ständig ihre Position. Diese optischen Turbulenzen können Langzeitaufnahmen stark verkomplizieren: Die eigentlich punktförmigen Sterne verschmieren zu einer breiten Scheibe, die Aufnahmen werden also unscharf. All diese atmosphärischen Einflüsse auf die Himmelsbeobachtung werden unter dem Begriff Seeing zusammengefasst: Ist die Luft sehr turbulent und zittern die Sterne im Teleskop extrem, spricht man von schlechtem Seeing. Bei ruhigem Wetter hat man möglicherweise eine Chance auf gutes Seeing und damit bessere Beobachtungsergebnisse.
Die denkbar besten Bedingungen herrschen übrigens im Weltall: Teleskope wie Hubble oder Webb befinden sich im luftleeren Raum, für sie gibt es keine funkelnden Sterne. Alle Sterne erscheinen punktförmig und leuchten gleichmäßig.
Nun können aber nicht alle Beobachtungen mit Weltraumteleskopen durchgeführt werden. Zum Glück ist es inzwischen auch auf der Erde mit einigem technischen Aufwand möglich, die atmosphärischen Einflüsse auf die Beobachtung erheblich zu reduzieren: Großteleskope wie das Very Large Telescope greifen oft auf die sogenannte adaptive Optik zurück. Um die Turbulenzen besser messen zu können, wird dafür ein zusätzliches, nahes Referenzobjekt ins Auge gefasst: In manchen Fällen reicht ein natürlicher, heller Stern als Vergleichsobjekt, in anderen muss ein künstlicher Leitstern per Laserstrahl an den Himmel geschossen werden. Anhand dieses Vergleichssterns kann eine Software die Teleskopspiegel bis zu tausendmal pro Sekunde so in ihrer Form verändern, dass die Turbulenzen herauskorrigiert werden. So entsteht ein ruhigeres Beobachtungsbild, das für die meisten professionellen Anwendungen gut ausreicht.
Neptun: mit und ohne adaptive Optik
Die linke Aufnahme zeigt die Leistungsfähigkeit des Very Large Telescope: Das linke Bild wurde mithilfe adaptiver Optik aufgenommen, die die optischen Turbulenzen in Echtzeit korrigiert. Rechts zum Vergleich das Neptunbild ohne adaptive Optik.
(Bildquelle: ESO/P. Weilbacher (AIP))
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